Webster – Grounded
Als Kind einer Mixed-Familie schafft der Kölner Saxophonist und Sänger einen Spagat zwischen Genres und Kulturen und definiert sich mit seiner Musik als Teil einer neuen deutschen Mixed Kultur.
Er besingt eine Welt mit klarer Message für ein positives, gewaltfreies, vorwärtsgewandtes Miteinander verschiedener Lebensrealitäten. „Wir sind in unseren Unterschieden vereint und genau darin liegt die Kraft der Veränderung, denn nur über Austausch kann unsere Gesellschaft wachsen.“, so Webster.
Die Stärke seiner Musik liegt in der Unvorhersehbarkeit und in der Durchmischung, im Aufeinandertreffen verschiedener musikalischer Welten. Hip-Hop und R&B, Jazz und Reggae. Er zelebriert die unerwartete Wendung, sich überlagernde Sound- und Klangebenen. Saxophon-Layer und Chöre, die in ihrer Dichte an Kamasi Washingtons Album Epic erinnern, verleihen der Musik Tiefe, und Spirit, erinnern teilweise, wie in seinem Song „Embrace“ an Gospelgesang. „Ich bin nicht sehr religiös aufgewachsen. In meiner Familie…?“
Trotz der Verwendung synthetischer Sounds klingt Websters Musik analog, handgemacht und verliert nie ihren Soul. Die Lead-Stimme, teilweise mit Autotune, bewegt sich durch verschiedene Hallräume, nimmt mal klare Position ein, mal bewegt sie sich im Hintergrund, bleibt dabei aber nahbar und direkt. Er singt meist auf Englisch, in nur einem Song auf deutsch. „Teile meiner Familie sprechen kein deutsch, mir ist wichtig, dass sie verstehen was ich singe. In Zukunft möchte ich aber auch mehr auf deutsch und auch spanisch schreiben, all das ist ja irgendwo Teil von mir.“
Die Musik ist inspiriert von der Londoner / Kalifornischen Szene bzw. von Künstlern wie Frank Ocean, Little Sims, Tom Misch, FKJ oder Braxton Cook, aber auch von deutschen Künstler:innen wie Agajon und Serious Klein. Seine Songs schreibt Webster meist an seinem Hauptinstrument, dem Altsaxophon und auf dem Klavier. „Am Anfang steht meistens eine Melodie. Die erste Skizze entsteht in meinem Kopf, meistens wenn ich Zeit für mich habe“, so Webster. Von dort ausgehend erweitert er diese Skizze, meist in Improvisationen, um weiter Layer, Chöre, Synthesizer und vor allem Schlagzeug und Bass. „Die Rhythmusgruppe ist neben dem Saxophon und Gesang wahrscheinlich der elementarste Bestandteil meiner Musik. Die Beats müssen rollen, sich im Verlauf des Songs weiterentwickeln und wachsen.“ Jedes Instrument, jeder Klang, Hallraum oder Effekt funktioniert als Fragment. Durch das Aufeinandertreffen der einzelnen Fragmente und deren Zusammenspiel erwächst ein sich stetig veränderndes großes Ganzes. Der Sound funktioniert wie ein Dialog verschiedener Instrumente, der nicht auf Konflikte verzichtet, wie beispielsweise im Intro des Songs „Fisherman“. Auch in diesem Kontext spiegelt Webster in seiner Musik die Gesellschaft: „Unsere Gesellschaft kann ausschließlich über stetigen Austausch verschiedener Lebensrealitäten wachsen, über Konflikte und Auseinandersetzung, niemals aber durch Abschottung und Abgrenzung.“
Er mache nicht die krasseste, heftigste Musik, sagt der Künstler selbst, sondern Musik die Energie gibt und vereint. Und was könnte man momentan besser gebrauchen als das?
Released: 2022